Wie hinterlasse ich ein Vermächtnis / Legat?
Ein Vermächtnis zu hinterlassen ist eine Möglichkeit, über den eigenen Tod hinaus Gutes zu tun und langfristig zu helfen. In der Schweiz gibt es einige Besonderheiten im Erbrecht, die bei der Errichtung eines Vermächtnisses zu beachten sind. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie ein Vermächtnis einrichten und worauf Sie dabei achten sollten.
1. Verständnis von Vermächtnis und Erbschaft
1.1 Was ist ein Vermächtnis?
Ein Vermächtnis (Bequest) ist eine Zuwendung aus dem Nachlass einer verstorbenen Person an eine oder mehrere bestimmte Personen, Organisationen oder Projekte. Der Vermächtnisnehmer erhält einen bestimmten Vermögensvorteil, ohne dass ihm dabei die Stellung eines Erben zukommt. Das Vermächtnis ist also eine Form der Begünstigung von Todes wegen, die von der Erbeinsetzung zu unterscheiden ist.
1.2 Was ist eine Erbschaft?
Eine Erbschaft ist die Gesamtheit der Vermögenswerte und Schulden, die nach dem Tod einer Person auf die Erben übergehen. Die Erben treten in die rechtliche Stellung des Verstorbenen ein und sind verantwortlich für die Erfüllung der Verbindlichkeiten und die Verteilung des Vermögens.
2. Rechtliche Grundlagen in der Schweiz
In der Schweiz gelten im Bereich des Erbrechts und der Vermächtnisse besondere Regelungen. Hierbei sind vor allem das Zivilgesetzbuch (ZGB) und das kantonale Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) von Bedeutung.
2.1 Pflichtteil im Erbrecht
In der Schweiz haben bestimmte nahe Angehörige, wie zum Beispiel Ehepartner, eingetragene Partner und Nachkommen, einen gesetzlichen Anspruch auf einen Pflichtteil der Erbschaft. Dieser Pflichtteil beträgt in der Regel 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils. Seit dem 1. Januar 2023 betragen die Pflichtteile stets nur noch 50 Prozent, und der Pflichtteil der Eltern wurde ganz abgeschafft.
2.2 Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag
In der Schweiz gibt es zwei Möglichkeiten, die Erbfolge und die Verteilung des Vermögens zu regeln: das Testament und den Erbvertrag. Während das Testament eine einseitige Verfügung des Erblassers ist, handelt es sich beim Erbvertrag um eine Vereinbarung zwischen dem Erblasser und den zukünftigen Erben. Im Testament kann der Erblasser allein über das gesamte Vermögen bestimmen, während der Erbvertrag von einem Notar beurkundet werden muss und nur gemeinsam mit den Vertragspartnern geändert werden kann.
3. Schritte zur Errichtung eines Vermächtnisses
3.1 Festlegung des Vermächtnisses im Testament oder Erbvertrag
Um ein Vermächtnis einzurichten, muss es in einer letztwilligen Verfügung, also einem Testament oder einem Erbvertrag, festgelegt werden. Dabei ist es wichtig, klar und eindeutig zu formulieren, was genau vermacht werden soll und an wen das Vermächtnis gehen soll. Um Missverständnisse und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei der Formulierung eines Vermächtnisses juristischen Rat einzuholen.
3.2 Berücksichtigung der Pflichtteile
Bei der Errichtung eines Vermächtnisses sollte darauf geachtet werden, dass die gesetzlichen Pflichtteile der Erben nicht verletzt werden. Das bedeutet, dass der Erblasser nur in dem Umfang Vermächtnisse vorsehen kann, als dass die Pflichtteile der gesetzlichen Erben nicht verletzt werden. Sollten die Pflichtteile der Erben verletzt werden, können diese mittels einer Herabsetzungsklage ihre gesetzlichen Mindestansprüche gegen den Vermächtnisnehmer durchsetzen.
3.3 Formulierung des Vermächtnisses
Bei der Formulierung eines Vermächtnisses sollte darauf geachtet werden, dass es eindeutig von einer Erbeinsetzung unterscheidbar ist und klar aus dem Testament hervorgeht, dass der Erblasser ein Vermächtnis ausrichten will. Dabei sollte auf eine klare und deutliche Wortwahl geachtet werden.
4. Vermächtnis an gemeinnützige Organisationen
Viele Menschen möchten auch nach ihrem Tod Gutes tun und gemeinnützige Organisationen oder Projekte unterstützen. Ein Vermächtnis an eine gemeinnützige Organisation (NPO) kann in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit sein, langfristig zu helfen und sich einer Sache zu verpflichten.
4.1 Vorteile für NPOs
Für Non-Profit-Organisationen sind Vermächtnisse oft eine wichtige Quelle für finanzielle Unterstützung. Sie ermöglichen es der Organisation, langfristig zu planen und ihre Projekte und Aktivitäten zu finanzieren. Zudem sind in der Schweiz gemeinnützige Organisationen in vielen Kantonen von der Erbschaftssteuer befreit, sodass sie vollumfänglich vom Vermächtnis profitieren können.
4.2 Hinterlegung eines Vermächtnisses für eine NPO
Um ein Vermächtnis für eine gemeinnützige Organisation zu hinterlegen, muss das Testament oder der Erbvertrag entsprechend angepasst werden. Die gewünschte Organisation sollte als Vermächtnisnehmerin oder Erbin aufgeführt werden. Dabei sollte genau festgelegt werden, welcher Betrag oder welches Vermögensobjekt vermacht werden soll.
5. Steuerliche Aspekte bei Vermächtnissen
In der Schweiz unterliegen Vermächtnisse grundsätzlich der Erbschaftssteuer. Ob und in welchem Umfang Erbschaftssteuern anfallen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Verwandtschaftsgrad des Vermächtnisnehmers zur Erblasserin, dem Wohnsitzkanton der Erblasserin oder der Höhe des Vermächtnisses.
6. Testamentsvorlagen und juristische Beratung
Um bei der Errichtung eines Vermächtnisses rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, juristische Beratung in Anspruch zu nehmen. Dabei kann es hilfreich sein, eine Testamentsvorlage zu verwenden und diese von einem Fachanwalt oder Notar prüfen zu lassen. So können Formfehler vermieden und sichergestellt werden, dass das Vermächtnis richtig formuliert wird und die Pflichtteile der Erben nicht verletzt werden.
7. Aufbewahrung des Testaments
Das handschriftliche Testament sollte gut auffindbar und geschützt aufbewahrt werden, zum Beispiel bei einer Vertrauensperson, einem Anwalt oder der zuständigen Gemeinde. So wird sichergestellt, dass nach dem Tod des Erblassers das Testament rasch gefunden wird und die darin enthaltenen Wünsche und Verfügungen umgesetzt werden können.
8. Kommunikation mit den Erben
Es ist ratsam, die eigenen Erben über das geplante Vermächtnis zu informieren und ihnen die Gründe dafür zu erklären. So können mögliche Missverständnisse und Streitigkeiten unter den Erben vermieden werden, und die Erben sind eher bereit, das Vermächtnis zu akzeptieren.
9. Aktualisierung des Testaments
Da sich im Laufe des Lebens persönliche und finanzielle Verhältnisse ändern können, empfiehlt es sich, das Testament regelmässig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Insbesondere bei Änderungen im Familienstand, bei der Geburt von Kindern oder bei grösseren Vermögensveränderungen sollte das Testament überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
10. Fazit
Die Errichtung eines Vermächtnisses in der Schweiz erfordert einige rechtliche Kenntnisse und eine sorgfältige Planung. Durch die Berücksichtigung der Pflichtteile, die richtige Formulierung des Vermächtnisses und die rechtzeitige Kommunikation mit den Erben kann ein Vermächtnis jedoch erfolgreich umgesetzt werden. Dabei ist es wichtig, sich juristischen Rat einzuholen und das Testament regelmässig zu überprüfen und anzupassen. So kann man sicherstellen, dass das Vermächtnis den eigenen Wünschen entspricht und langfristig Gutes bewirken kann.
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